Tarifbewegung Metall- und Elektroindustrie Thüringen 2018

Ohne Annäherung: Auch die erste Tarifverhandlung für die Metall- und Elektroindustrie in Thüringen endete ergebnislos

23.11.2017 | Arnstadt. Jörg Köhlinger, Verhandlungsführer für die IG Metall, ist enttäuscht über den Verlauf der ersten Tarifverhandlung für die Metall- und Elektroindustrie Thüringen: »Die Thüringer Arbeitgeber haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Sie haben heute die begründeten Ansprüche der Arbeitnehmer an eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Leben rundweg abgelehnt und kein Angebot für eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen vorgelegt«.

Die IG Metall fordert eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um 6 Prozent für 12 Monate sowie individuelle Rechtsansprüche für die Arbeitnehmer, die Wochenarbeitszeiten temporär auf bis 28 Stunden verkürzen zu können. Dafür fordert sie auch einen Teilentgeltausgleich für Beschäftigte in besonders belastenden Arbeitszeitsystemen sowie bei Kindererziehung und Pflege in der Familie. Daneben will die IG Metall in diesem Jahr auch die Frage der Angleichung der Tarifverträge an die westlichen Tarife angehen, sie will dafür eine »belastbare Verhandlungsverpflichtung« mit dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Thüringen abschließen.

Vor Beginn der Verhandlungen hatten fast 200 Metallerinnen und Metaller in Arnstadt für die Tarifforderungen demonstriert.

Zu Beginn der Kundgebung ging Bernd Spitzbarth, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Erfurt und Nordhausen, zunächst auf die besondere Situation bei Siemens ein. Er machte deutlich, dass die Kolleginnen und Kollegen mit einem starken Selbstbewusstsein nicht nur für ihren Standort und für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen. Die Kolleginnen und Kollegen bei Siemens in Deutschland stehen im Kampf für alle Arbeitsplätze solidarisch zusammen. Dass die Kolleginnen und Kollegen vom Generatorenwerk auch heute hier an unserer Seite stehen und für bessere tarifliche Bestimmungen streiten, zeugt von einer hohen Moral. Jörg Conrad und Karsten Rauhut haben in ihrer Ansprache klar gestellt: "Ein Leben in Würde geht nur mit guten tariflichen Bestimmungen, für die wir selbstverständlich kämpfen." Bernd Spitzbarth betonte auch noch einmal, dass sich niemand von den in den Medien veröffentlichten Bildern zum Protestmarsch am 21. November täuschen lassen soll. Hier würde der Eindruck erweckt, dass die IG Metall Seite an Seite mit der AfD den Kampf führt. "Höcke und seine Leute wurden weder von uns eingeladen noch sind sie erwünscht. Das haben auch alle Redner auf der Kundgebung eindeutig klargestellt. Von den Medien wünschen wir uns an dieser Stelle mehr Fingerspitzengefühl." Bernd Spitzbarth führte dann in die Kernthemen der Tarifbewegung ein: Mehr Geld und mehr Zeit zum guten Leben.

Die IG Metall wolle „»die Arbeitswelt der Zukunft gestalten«, die Arbeitgeber streben demgegenüber offenbar ins vorige Jahrhundert zurück, fuhr Jörg Köhlinger fort. »Sie haben eine ganze Reihe von Punkten vorgetragen, für die sie Veränderungsbedarf reklamieren. Dies kann man wie folgt zusammenfassen: Mehr arbeiten für weniger Geld. Das hat nichts mit ›modern‹ zu tun, sondern mit einem arbeitspolitischen Rollback. Dafür wird die IG Metall jedenfalls nicht zur Verfügung stehen«.

Auch in der Frage der Angleichung der Tarifverträge an die des Westens sieht sich die IG Metall vom Verband der Metall- und Elektroindustrie brüskiert: »27 Jahre nach der Deutschen Einheit ist es höchste Zeit, den Prozess einer Angleichung der Tarifverträge anzugehen, einen konkreten Fahrplan dafür zu vereinbaren«, sagt Köhlinger. »Der Arbeitgeberverband VMET entzieht sich an dieser Stelle seiner gesellschafts- und sozialpolitischen Verantwortung«.

Die zweite Verhandlung für die Metall- und Elektroindustrie in Thüringen wird am 15. Dezember stattfinden. Zuvor findet ein weiterer Verhandlungstermin für die Metall- und Elektroindustrie in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland am 6. Dezember statt. Insgesamt sind in den vier Bundesländern des IG Metall-Bezirks Mitte 420.000 Beschäftigte in tarifgebundenen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie beschäftigt, in Thüringen sind es 17.000. Darüber hinaus gelten die Bedingungen des Flächentarifvertrages für weitere 3.500 Beschäftigte durch sogenannte Anerkennungstarifverträge auf Firmenebene.  »In der Frage der Tarifbindung wirft sich der VMET den Ball ins eigene Tor«, sagte Jörg Köhlinger. »Eine Mehrzahl Thüringer Metallbetriebe hat inzwischen einen Tarifvertrag direkt mit der IG Metall, ohne Arbeitgeberverband abgeschlossen. Dies ist ein offensichtliches Qualitätsurteil über die Arbeit des Verbandes und nicht über die der IG Metall«.

Von: kjb

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