12.01.2018 | Die Frühschicht der Magna Heiligenstadt hat ihre Arbeit nicht wie gewohnt um 6 Uhr aufgenommen. Über 100 Beschäftigte beteiligten sich stattdessen am Warnstreik und unterstrichen damit eindrucksvoll, dass sie hinter ihren Forderungen stehen. Bernd Spitzbarth, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Nordhausen berichtete über den aktuellen Verhandlungsstand in Thüringen
Das Entgeltangebot bezeichnete er als einen Reallohnverlust, die Gegenforderung nach längeren Arbeitszeiten und ungebremster Flexibilität als eine Provokation ohne gleichen. Wem, wenn nicht den Arbeitnehmer*innen, sei der wirtschaftliche Aufschwung, der sich ständig wiederholende Titel eines Exportweltmeisters zu verdanken, fragt er die Warnstreikenden.
Die Vorstellungen der Arbeitgeber zur Gestaltung der Arbeitswelt sind aus der Zeit, in der Pharaonen uneingeschränkt über die Menschen verfügten. Diese Zeiten haben sich geändert. Heute leben wir in einer vielfältigen, lebendigen Kultur des Miteinanders und der Mitbestimmung über die Arbeits- und Lebensbedingungen. Er forderte die Arbeitgeber auf, zur Vernunft zu kommen und die Belange der Menschen ernst zu nehmen. Wer gute Arbeit will, muss gute Rahmenbedingungen anbieten. Dazu gehört das Recht auf Selbstbestimmung, auf faire Beteiligung, Zeit für Betreuung und Pflege von Kindern und Angehörigen.
Abschließend kritisierte Spitzbarth die Haltung der Arbeitgeber zu der Frage der weiteren Angleichung der wöchentlichen Arbeitszeit. Es sei völlig inakzeptabel, dass die Beschäftigten 28 Jahre nach der Einheit noch immer einen Monat umsonst arbeiteten. Die Einführung der 35-Stunden-Woche in Thüringen ist mehr als zeitgemäß und muss im Anschluss an diese Tarifrunde verhandelt werden.
Timo Richter, IG Metall Vertrauensmann, unterstrich die berechtigten Forderungen nach mehr Geld und Zeitsouveränität für die Beschäftigten: „Jedes Jahr wird an der Leistungsschraube gedreht. Die eingebrachte Flexibilität ist an der Schmerzgrenze angekommen. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir eine neue Balance von Arbeit und Leben herstellen. Hierzu benötigen wir klare tarifliche Bestimmungen.“
Maria Kaufhold, Vetrauensfrau der IG Metall bei Magna betonte noch einmal, dass es gerade die Frauen sind, welche zum großen Teil die gesellschaftlichen Aufgaben Betreuung und Pflege übernehmen, doch in der Arbeitswelt sind sie die am meisten Benachteiligten. Deshalb ist die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung mit Teillohnausgleich nicht nur gerecht, sondern auch überfällig. Wer hier wen diskriminiert, darüber sollten die Arbeitgeber noch einmal genau nachdenken, bevor sie mit ähnlichen Behauptungen durchs Land ziehen.